Daniel Ehrlich als FÖJ’ler vorgestellt – Mainpost: „Hallo Hausmeister“ rufen die Mädchen und amüsieren sich blendend. Von oben werfen sie mit Kastanien nach ihm. Daniel Ehrlich stört das kein bisschen. „Mit den Kindern ist es lustig. Anfangs hab‘ ich Angst gehabt“, sagt er. Doch mit den Fünftklässlerinnen kann er genauso gut wie mit Jugendlichen, so viel steht schon fest. Seit September macht er ein freiwilliges ökologisches Jahr bei der KJG Würzburg.
Daniel Ehrlich ist 19 und lebt in Schweinfurt. Nach der Schule hat er im Leopoldina als Zivi gearbeitet. Erfahrung mit Jugendlichen hat er, weil er lange im Stattbahnhof hinterm Tresen stand. Daniel will Mediengestalter werden, doch die Bewerbung hat heuer nicht geklappt.
"Ich will nicht rumhocken", begründet er seine Entscheidung, die Wartefrist für die Uni bis nächstes Jahr als FÖJler damit zu verbringen, in dem künftigen Tagungsraum der Umweltstation in Schonungen Leitungen zu verputzen, Löcher zuzumauern – "das macht verdammt viel Spaß" – oder mit Schulklassen den Wald kennen zu lernen. Außerdem, das hat sich in den ersten Wochen schon herausgestellt, ist er ziemlich begabt im Origami-Frösche-Basteln.
Zehn Jahre gibt es in Bayern das freiwillige ökologische Jahr, kurz FÖJ. In Unterfranken ist der Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) als Träger von Anfang an dabei, die Stellen besetzen im Wechsel die Katholische Junge Gemeinde (KJG) und die Katholische Landjugendbewegung (KLJB). Die KJG hat mit Daniel seit zwei Monaten zum siebten Mal einen FÖJler. Ilka Seichter war 1995 die Erste. Sie wollte eine Auszeit aus der Lernschleife nehmen. Nach der Schule noch "was ganz anderes machen", bevor sie studiert. Die Pause hat sich gelohnt.
"Sie sind näher an den Jugendlichen dran. Und der Blickwinkel tut uns gut."
Umweltpädagoge Joachim Schneider über die FÖJler
Jetzt ist sie 29 und der Abstecher zur KJG hat sich als echter Glücksfall entpuppt: Sie wurde, als sie gerade fertig war mit Sozialpädagogik, gefragt, ob sie zur KJG zurückkommt. Das wollte sie gerne. Ilka Seichter ist Bildungsreferentin und zuständig für die FÖJ-Stelle, die Arbeitsgremien, das Musikfestival.
"Der Schwerpunkt der KJG liegt auf der Umweltarbeit", sagt Umweltpädagoge Joachim Schneider. Dieser Umstand hat ihnen schließlich vor zehn Jahren die FÖJ-Stelle beschert. Ein bisschen ist die FÖJ-Stelle nämlich wie eine Bescherung. Und zwar eine ziemlich schöne: Einer aus dem FÖJ hat auf eigene Faust die Spielhalle in Schonungen renoviert. Und dank FÖJ gibt es inzwischen einen mobilen Sinnesparcours. "Die FÖJler sind näher dran an der Jugend. Und sie haben einen anderen Blickwinkel, der uns gut tut", sagt Joachim Schneider. Gut für beide Seiten: Jeder darf einbringen, was ihn interessiert.
Aber auch für die jungen Menschen liegt der Schwerpunkt ihrer Arbeit auf der Umwelt. Seit Mai 2005 gibt es in Schonungen eine Umweltstation. Sie ist ein Angebot für umweltpädagogische Betreuung, demnächst wird sie zur Anlaufstelle für die gesamte Bevölkerung erweitert. In Schonungen unterhält die KJG ein Beleghaus für Schulen und Gruppen. Wer dort übernachtet, kann sich in Sachen Umwelt und Natur mit Hilfe der KJG kundig machen. Kann, muss aber nicht.
"Bei uns geht es nicht darum, zehn neue Baumarten und drei Pilzsorten kennen zu lernen. Wir wollen einfach die Distanz zur Natur überwinden helfen", bringt Joachim Schneider das Ziel ihres Angebots auf den Punkt. Gemeinsam mit den Kindern und Jugendlichen besuchen er und Daniel Ehrlich beispielsweise den Wald. Mit einem Spiegel umher laufen und die umgekehrte Perspektive, nämlich nach oben erleben, Vögel beobachten, mit verbundenen Augen umher laufen, Bäume ertasten – es geht darum, mit Natur in Kontakt zu kommen. Das sei es, was den Jungen heute fehle. Wissen über die Umwelt haben die Schüler meist viel, sagt Schneider.
"Für viele Kinder ist Natur etwas Wildes, etwas, das weit weg ist", so die Erfahrung von Schneider. Mit der KJG sind sie mal den ganzen Tag draußen. Zum Beispiel zum Kanu fahren. Und auch, um sich in der Gruppe zu beweisen. Es geht darum, im Team zu arbeiten, Ideen zu entwickeln, logisch zu denken und sich durchzusetzen. Etwa beim Spiel mit der Decke, von der niemand runter darf, während sie umgedreht wird.
Dass die KJG mit ihrer Umweltarbeit einen guten Weg geht, beweist ihnen, wie Kinder sich im Wald wandeln. "Viele sind anfangs nur entnervt, seilen sich ab, sind stur", hat Daniel Ehrlich schon gleich gemerkt. Wenn sie sich dann gemeinsam mit Kompass orientieren müssen, eine Seilbrücke bauen und querfeldein laufen, wird der Tag plötzlich zum "geilsten" überhaupt. "Da ist dann auch egal, wie die Nike-Schuhe aussehen", sagt Daniel. Ziemlich klar, dass auch er dann den Waldausflug genießt. Mehr als Wände zu verputzen.